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Chinesisch-Europäische Luftfahrtabkommen und ihre Implikationen für die Luftfahrtindustrie


Die Luftfahrt ist die sicherste, schnellste und effizienteste Form des Langstreckenverkehrs. Im Jahr 2016 gab es weltweit über 40 Millionen Flugzeugstarts und Millionen von Menschen gelangten sicher an ihre Ziele (Quelle: IATA). Um die Sicherheit von Flugreisen zu gewährleisten, wurden internationale Flugsicherheitsnormen festgelegt. Diese müssen jedoch korrekt umgesetzt werden, um zu garantieren dass sie ihren Zweck erfüllen. Der durchschnittliche weltweite Implementierungsgrad internationaler Sicherheitsstandards in der Zivilluftfahrt, lag nach Schätzungen der International Civil Aviation Organisation (ICAO) im Jahr 2016 bei nur 63%. Damit treten in verschiedenen Regionen nicht unerhebliche Sicherheitmängel im Luftverkehr auf.

Nicht alle Länder sind in der Lage sofort nachhaltige Sicherheitsaufsichtssysteme in Übereinstimmung mit internationalen Standards einzurichten.  Um zumindest die Sicherheit in der Verbindung von zwei Ländern oder Regionen zu gewährleisten, können bilaterale Vereinbarungen zur Flugsicherheit helfen. Sie ermöglichen es Flugtüchtigkeitszertifikate für zivile Luftfahrtprodukte zwischen den Luftfahrtbehörden zweier Staaten zu standardisieren und gemeinsam zu nutzen. Auf diese Weise können sie einen Beitrag zur Einhaltung von globalen Flugsicherheitsstandards leisten.

Ein bilaterales Abkommen zur Sicherheit der zivilen Luftfahrt (BASA), ermöglicht die technische Zusammenarbeit zwischen nationalen Luftfahrtbehörden, wodurch die Dopplung von Arbeit z.B. durch die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten vermieden werden kann (Quelle: UK Civil Aviation Authority).

Im Mai 2019 unterzeichneten die Europäische Kommission und China zwei Abkommen zur Entwicklung gemeinsamer Luftfahrtstandards (Quelle: OBOR Europe):

1. Bilaterales Abkommen zur Sicherheit der zivilen Luftfahrt (BASA): Gegenseitige Anerkennung von Bewertungen und Zertifizierungen für Produkte der zivilen Luftfahrt.

2. Horizontales Luftfahrtabkommen: Erlaubt es Fluggesellschaften aus der Europäischen Union, von jedem EU-Mitgliedsstaat aus nach China zu fliegen.

Beide Abkommen werden sich, laut dem ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Junker, positiv auf die Fluganbindung zwischen der EU und China auswirken, Arbeitsplätze schaffen, das Wirtschaftswachstum ankurbeln und den kulturellen Austausch zwischen den beiden Partnern fördern (Quelle: Shine).

Bilaterales Abkommen zur Sicherheit der zivilen Luftfahrt

In über 20 Jahren der Zusammenarbeit in der zivilen Luftfahrt, konnten sich die EU und China mit der Unterzeichnung des BASAs im Mai 2019 erstmals auf ein Abkommen in diesem Bereich einigen. Das Abkommen war das Ergebnis vieler Verhandlungsrunden, zwischen der chinesischen zivilen Luftfahrtbehörde (CAAC) und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA), die seit August 2013 geführt wurden. Hauptziel des BASAs ist die Förderung des Handels mit Flugzeugen und verwandten Produkten zwischen den beiden Regionen. Die Vereinbarung „wird allen Unternehmen der Luftfahrtindustrie in China und Europa zugute kommen“, sagte George Xu, CEO von Airbus China (Quelle: Shine). Gleichzeitig dient das BASA den gemeinsamen Bemühungen Chinas und der EU einen höheren Implementierungsgrad der Sicherheitsstandards für die zivile Luftfahrt zu erreichen (Quelle: Xinhua News).

Das BASA wird die politische Koordinierung verbessern und technologischen- sowie gesellschaftlichen Austausch fördern. Darüber hinaus wird ein Rechtsrahmen geschaffen, um die Zusammenarbeit in Bereichen wie Umweltverträglichkeit, Design und Produktion von Luftfahrtprodukten auszubauen.

Außerdem wird das Abkommen die Doppelung von Bewertungs- und Zulassungsaktivitäten für Luftfahrtprodukte durch die zivilen Luftfahrtbehörden verhindern und somit zu Kostensenkungen im Luftfahrtsektor führen (Quelle: Europäische Kommission). Das BASA wird Herstellern und Lieferanten von ETSO-Artikeln (European Technical Standard Order)  den Erhalt von CTSOA-Zertifikaten (Chinese Technical Standard Orders Authorization), die von der CAAC ausgestellt wurden, erleichtern. Gleiches gilt für den Erhalt von ETSOA-Zertifikaten durch CTSO-Hersteller. Beim ETSO handelt es sich um einen von der EASA definierten Mindeststandard für bestimmte Komponenten, Ausrüstungen und Materialien, die zum Bau von Flugzeugen eingesetzt werden. ETSO-Teile haben daher eine offizielle Zulassung (Quelle: AERO Impulse).

Die effizientere Ausführung der Lizenzierungsverfahren von ETSO- und CTSO-Produkten wird die Markteintrittsmöglichkeiten für europäische Luftfahrthersteller in China in Zukunft verbessern. Dies wird den Wettbewerb zwischen Marktteilnehmern ankurbeln, wodurch wirtschaftliche Vorteile entstehen und Innovationen gefördert werden. China ist bereits ein wichtiger Markt für Airbus und viele andere europäische Anbieter von Luftfahrtprodukten. Derzeit sind rund ein Viertel aller Airbus-Flugzeuge in China im Einsatz. Mit der Unterzeichnung des BASAs wird die Marktpräsenz europäischer Luftfahrtanbieter in China in Zukunft weiter steigen.

Neben den verbesserten Marktbedingungen werden die Luftfahrtzulieferer auch vom rasanten Wachstum des gesamten chinesischen Luftfahrtmarktes profitieren. Eine von Airbus veröffentlichte Studie prognostiziert, dass sich der chinesische Inlandsmarkt zwischen 2017 und 2037 verdreifachen wird (Quelle: OBOR Europe) und sich mit schätzungsweise 1,5 Milliarden Passagieren pro Jahr zum größten Luftverkehrsmarkt der Welt entwickelt, gefolgt von den USA mit 1,1 Milliarden Passagieren. Der Anstieg der Passagierzahlen geht einher mit einer steigenden Nachfrage nach Flugzeugen. Boeing schätzt, dass China in den nächsten zwei Jahrzehnten weitere 7.690 Flugzeuge im Wert von insgesamt 1,2 Billionen Dollar benötigen wird (Quelle: China Power). Auf diese Weise können Flugzeughersteller in hohem Maße vom Wachstum der chinesischen Luftfahrtbranche profitieren.

Um die steigende Zahl der chinesischen Fluggäste zu bedienen, müssen landesweit neue Flughäfen gebaut und betreiben, sowie neue Flugrouten erschlossen werden. Zwischen 2000 und 2017 wuchs die Anzahl der Flughäfen in China von 139 auf 229. Bis 2035 sollen weitere 200 Flughäfen folgen (Quelle: OBOR Europe) von denen 31 im Jahr 2020 gebaut werden (Quelle: China Power).

Für China ist die Unterzeichnung des BASAs ein bedeutender Schritt, um seine industriellen Ambitionen im Luftfahrtsektor zu erreichen. Die Bedeutung, die der Entwicklung einer zivilen Luftfahrtindustrie zukommt, spiegelt sich in den jüngsten 5-Jahres-Plänen sowie in der Strategie „Made in China 2025“ wider. In diesen wird die Entwicklung von Regional- und Großflugzeugen, Hubschraubern, fortschrittlichen Flugzeugtriebwerken und Avionik vorgesehen sowie das Ziel der Förderung von Zulieferproduktion und der Kommerzialisierung von Luftfahrttechnik ausgesprochen (Quelle: RAND Corporation).

Der Stolz der chinesischen Luftfahrtindustrie ist die „Commercial Aircraft Corporation of China“, die allgemein als COMAC bekannt ist. COMAC ist ein Flugzeughersteller, der versucht die Dominanz von Boeing und Airbus, den wichtigsten Akteuren auf dem globalen Flugzeugmarkt, zu überwinden. Im Jahr 2015 wurde das neuste Flugzeugmodell von COMAC, die C919, fertiggestellt und ist am 5. Mai 2017 den ersten Jungfernflug zu Testzwecken angetreten. Die C919 soll nach Ende der Testreihen vor allem mit der Boeing 737 Max und dem Airbus A320neo konkurrieren.

COMAC hat für das Flugzeug bisher über 700 Bestellungen, von vorwiegend chinesischen Kunden, erhalten. Um auch die globale Nachfrage nach COMAC Produkten zu stiegern, ist die Umsetzung der BASA-Richtlinien daher von entscheidender Bedeutung, indem es dazu beiträgt das Überprüfungsverfahren der C919 für den Erhalt von Flugtüchtigkeitszeugnissen zu verkürzen. Bereits 2017 unterzeichneten das CAAC und die US Federal Aviation Administration (FAA) ein BASA, um die jeweiligen Maßstäbe in Bezug auf die Flugtüchtigkeit von Luftfahrtprodukten und -artikeln anzugleichen. COMAC bezeichnete diese Vereinbarung damals als bedeutenden Schritt nach vorne (Quelle: ECNS). Mit der Unterzeichnung des BASAs zwischen der EU und China wurden die chinesischen Flugsicherheitsstandards global weitestgehend anerkannt. Dadurch kann COMAC mit Boeing und Airbus um einen Teil der weltweiten Jet-Verkäufe konkurrieren. Diese werden in den nächsten zwei Jahrzehnten voraussichtlich 2 Billionen Dollar betragen (Quelle: Reuters).

Das horizontale Luftfahrtabkommen

Das horizontale Luftfahrtabkommen besagt, dass europäische Fluggesellschaften, von jedem EU-Mitgliedstaat aus nach China fliegen können, sofern dieser ein bilaterales Luftfahrtabkommen mit China besitzt in dem ungenutzte Verkehrsrechte verfügbar sind. Bisher konnten nur Fluggesellschaften die im Besitz eines EU-Mitgliedsstaats oder eines Staatsangehörigen des selben Staates waren von Flughäfen in ihren Herkunftsländern nach China fliegen. Mit der Unterzeichnung des horizontalen Luftfahrtabkommens erkennt China die EU-Bestimmung an, welche Nichtdiskriminierung und gleiche Marktzugangsbedingungen für EU-Mitgliedstaaten auf Strecken zu Zielen außerhalb der EU garantiert. Dadurch werden die bilateralen Luftfahrtabkommen zwischen China und den EU-Mitgliedstaaten mit dem EU-Recht in Einklang gebracht, wovon sowohl europäische als auch für chinesische Fluggesellschaften profitieren (Quelle: Europäische Kommission).

Durch die Vereinbarung wird die Anbindung zwischen der EU und China weiter verbessert. Zwischen 2008 und 2017 hat sich das Luftverkehrsvolumen zwischen den beiden Regionen bereits verdoppelt und wird aller voraussicht nach weiter zunehmen. In 20 Jahren werden vermutlich 40% des weltweiten Luftverkehrsvolumens im asiatisch-pazifischen Raum stattfinden. Ein großer Teil davon wird auf China entfallen (Quelle: Europäische Kommission).

So kann Melchers ausländische Unternehmen in Chinas Luftfahrtindustrie unterstützen

Chinas Luftfahrtindustrie wird in den kommenden Jahren zweifelsohne enorm wachsen, was internationalen Unternehmen große Chancen bietet. Dabei müssen die Unternehmen China jedoch als besonderen Markt begreifen, für den es ein sorgfältig ausgearbeitetes Konzept braucht. Marktkonzept, Verkauf, Verkaufskanäle, Zugang zu Entscheidungsträgern, Kundenservice und Schulungen, Preisgestaltung, Markenschutz und Werbung sind nur einige der für eine Chinastrategie zu berücksichtigenden Aspekte. Besonders auf kleine und mittelständische Unternehmen kommen bei Geschäften mit China oft enorme Kosten und Herausforderungen zu. Daher kommt es für den Erfolg in China auf den richtigen Partner vor Ort an.

Der Verkauf von Maschinen, Industriematerial und Ersatzteilen in China gehört für Melchers seit fünf Jahrzehnten zum Kerngeschäft. Durch seine Geschäftssparte Melchers Aviation Technical Service (MATS) ist Melchers seit über zehn Jahren in der Luftfahrtindustrie aktiv. In China ist MATS die lokale Anlaufstelle für viele internationale Unternehmen der Luftfahrtbranche. Zu seinen Produkten gehören Flugzeugteile und -komponenten wie Kabineninnenausstattung, spezielle Reparaturwerkzeuge für Boeing und Airbus, grundlegender Support und IFS-Produkte. Zu unseren Kunden gehören hauptsächlich Flugzeugbauer (OEMs), Fluggesellschaften, Wartungsunternehmen (MROs), Flugzeugvermieter und andere Dienstleister in Chinas Luftfahrtindustrie.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie uns bitte unter [email protected].

 

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