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Megacity Cluster Reihe Teil 1: Jing-Jin-Ji


China ist mit knapp 1,4 Milliarden Menschen das bevölkerungsreichste Land der Erde. Seit Beginn der Öffnungspolitik Chinas unter Deng Xiaoping vor knapp 40 Jahren, hat sich das Land von einem Agrarstaat zur zweitgrößten Wirtschaftsnation der Welt entwickelt. Diese Entwicklung wurde besonders durch die schnelle Urbanisierung des Landes vorangetrieben, im Zuge derer sich ein Großteil der Chinesen in den florierenden neuen Wachstumszentren in den chinesischen Küstenregionen niederließ. Eine annähernd ausgeprägte Bevölkerungsbewegung wie in China, hat die Welt zuvor noch nie erlebt. Während zum Ende der 1970er Jahre nur knapp 18% der chinesischen Bevölkerung in Städten lebten, sind es mittlerweile fast 60%, bzw. 810 Millionen Menschen (Quelle: Telegraph).

Eine derart schnell voranschreitende Verstädterung geht mit großen gesellschaftlichen und ökologischen Veränderungen einher. Ein derartiger Wandel birgt sowohl neue Chancen als auch Herausforderungen. Historisch gesehen war die Entwicklung von Städten jedoch notwendig um Wachstum zu schaffen und Innovationen voranzutreiben. Rüdiger Ahrend, Leiter des Städteprogramms beim OECD-Direktorat für öffentliche Verwaltung und territoriale Entwicklung, schätzt, dass die Verdoppelung der Bevölkerungszahl in einer Stadt deren pro Kopf Produktivität um durchschnittlich 2-5 % steigert (Quelle: IPE). Somit wurde das starke chinesische Wirtschaftswachstum der letzten 40 Jahre vom Zuzug der Menschen in die Städte begünstigt. Laut einer Studie von Morgan Stanley könnten bis 2030 75% der chinesischen Bevölkerung in Städten leben. Die meisten von ihnen würden dann in den neuen Megacity Cluster wohnen. Für einen derartig hohen Anstieg der Urbanisierungsrate rechnet Morgan Stanley mit einem jährlichen Produktivitätsanstieg von durchschnittlich 1,6% bis zum Jahr 2030, der zu einer Verdopplung des chinesischen pro-Kopf Einkommens führen würde.

Der Preis für das hohe Wirtschaftswachstum und die verbesserten Lebensverhältnisse vieler Chinesen sind jedoch „urbane Missstände“ wie Umweltverschmutzung oder lange Pendlerwege, die mit Staus und Verkehrsbehinderungen einhergehen (Quelle: Xinhua). Um diese „urbanen Missstände“ zu überwinden und den weiteren Zuzug von ländlicher Bevölkerung in die Städte zu steuern, arbeitet die chinesische Regierung an neuen Städtekonzepten, den sogenannten „Megacity Cluster“. Diese Megacity Cluster zielen darauf ab, einzelne Städte in urbane Regionen zu integrieren, die durch bessere Verkehrsinfrastruktur und Konnektivität untereinander die nächste Phase der Urbanisierung und des Wirtschaftswachstums von China einläuten sollen. Im Zuge dessen sollen 19 dieser Megacity Cluster entstehen. Die bekanntesten drei City Cluster sind die Beijing-Tianjin-Hebei Region (Jing-Jin-Ji), das Yangtze River Delta (YRD) mit Shanghai als Hauptwachstumstreiber und das Pearl River Delta (PRD) mit Guangzhou und Shenzhen im Zentrum, das zusammen mit Hong Kong, Macao und anderen Städten in der Region als neue Greater Bay Area bezeichnet wird. Diese drei Megacity Cluster sind für China wirtschaftlich gesehen von großer Bedeutung, da sie derzeit bereits für ca. 40% der chinesischen Wirtschaftsleistung stehen (Quelle: China Briefing).

In einer neuen Artikelreihe werden wir verschiedene urbane Regionen beleuchten. Die Jing-Jin-Ji Region, um die chinesische Hauptstadt Peking, steht dabei am Anfang.

Jing-Jin-Ji

Jing-Jin-Ji soll als Megacity Cluster zukünftig die zwei autonomen Städte Peking und Tianjin, sowie 11 Verwaltungseinheiten in der umliegenden Provinz Hebei umfassen. Der Name Jing-Jin-Ji setzt sich aus Teilen der Namen von Beijing, Tianjin und dem historischen Namen der Hebei Provinz (Ji) zusammen. Die Fläche von Jing-Jin-Ji erstreckt sich über 216.000 km2, oder ca. 2,3% der chinesischen Landfläche und hat eine Bevölkerung von 110 Millionen Menschen, was 7,23% der chinesischen Bevölkerung entspricht (Quelle: Guangchun, et al.). Erstmals wurde der Plan für die Neustrukturierung der Region im chinesischen 12. Fünfjahresplan (2011-2015) schriftlich dokumentiert und hat innerhalb der letzten Jahre weiter an Fahrt aufgenommen (Quelle: China Briefing). Im Zuge der Umstrukturierung der Region, sollen Behörden und Industrien innerhalb des City Clusters umverteilt werden. Anschließend soll Peking als Hauptstadt Chinas weiterhin das Zentrum von Politik, Kultur und Technologieentwicklung bleiben, während die Hafenstadt Tianjin zum Produktions- und Handelszentrum wird und sich die kommunale Verwaltung und hochwertige Produktion in Hebei ansiedeln sollen. Während nationale Behörden weiterhin im Zentrum Pekings verbleiben sollen, wurde der Umsiedlung der kommunalen Behörden in den Stadtteil Tongzhou bereits 2015 zugestimmt. Hiermit erhofft man sich die Wohnsituation im Zentrum zu entlasten, da auch die Beamten und ihre Familien nach Tongzhou umgesiedelt werden sollen. Um den Stadtteil besser ans Zentrum anzubinden, wurde die U-Bahn Linie 6 bereits bis nach Tongzhou ausgebaut (Quelle: WKO). Im direkten Vergleich zum YRD City Cluster und der Greater Bay Area, ist die Jing-Jin-Ji Region die wirtschaftlich schwächste Region und steht für insgesamt 9% der chinesischen Wirtschaftsleistung (Quelle: CBRE Research). Durch die Integration der Regionen soll vor allem der chinesische Norden gestärkt werden, um die Ungleichheit innerhalb des Landes zu reduzieren. Die bessere Verbindung innerhalb der Region soll zu einem größeren Austausch zwischen Fachkräften und zur Entwicklung strukturschwacher Gebiete beitragen.

Aktuell liegen die Mietkosten in Tianjin bei knapp der Hälfte von Peking und das Lohnniveau Hebeis liegt bei knapp 40% des Lohnniveaus Pekings und Tianjins (Quelle: NBC News). Aufgrund der großen wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Regionen bestehen vor allem Bedenken an einer gelungenen Integration der Hebei Provinz. Pekings großer Bedarf an Ressourcen hat laut Analysten einen „Ring der Armut“ um sich herum gebildet, der dazu geführt hat, dass die Einkommensungleichheiten innerhalb der Region seit 2005 wieder angestiegen sind (Quelle: China Briefing). Um diesen Trend aufzuhalten und einzelne Regionen zu entwickeln, bekommen einige Städte neue Kompetenzen zugeteilt. Im Zuge dessen wird Tongzhou wie bereits zuvor erwähnt der neue Sitz der kommunalen Regierung der Jing-Jin-Ji Region und soll bis zum Jahr 2035 1,3 Millionen Einwohner zählen (Quelle: Xinhua).

Xiong’an

Während in Tongzhou die Verwaltungsabteilungen des neuen City Clusters beherbergt sein werden, soll sich die neue errichtete Xiong‘an New Area zum innovativen Zentrum Nordchinas entwickeln. Die Entwicklung von Xiong’an wird direkt durch die Zentralregierung in Form von direkter Planung und vorteilhaften wirtschaftlichen Bedingungen, gefördert und wird als „Jahrtausendplan von nationaler Bedeutung“ definiert. Die neue Stadt liegt ca. 100 km südwestlich von Peking und die Region war bisher vor allem von verarbeitender Industrie geprägt (Quelle: CBRE Research). Im Zuge der wirtschaftlichen Neuausrichtung der Region soll die zu errichtende neue Stadt Xiong’an sich zu einer Smart City mit knapp sieben Millionen Einwohnern entwickeln, die in erster Linie Standort für High-Tech Firmen und Einrichtungen werden soll, die bevorzugt in den Bereichen Big Data, künstliche Intelligenz, Finanzen und Biotechnologie tätig sind. Zunächst ist eine Planungsfläche der Stadt von 100 km2 vorgesehen, die mittel- bzw. langfristig auf 200 bzw. 2000 km2 ausgedehnt werden soll. Langfristig erhoffen sich die Planer von Xiong’an eine ähnliche Initialzündung wie die, die in Shanghai von der Wirtschaftszone Pudong ausging. Xiong’an soll ein Maßstab für eine grüne Stadt werden und sich durch umweltfreundliche Infrastruktur auszeichnen. Zum Transport innerhalb der Stadt sind deshalb nur Elektrofahrzeuge zugelassen (Quelle: GTAI).

Zu Logistikzentren sollen sich die Städte Langfang und Shijiazhuang entwickeln. Besonders Langfang hat sich durch seine Lage zwischen Peking, Xiong‘an und Tianjin zum wichtigsten Logistikstandort in der Jing-Jin-Ji Region entwickelt und ist besonders beliebt für E-Commerce Unternehmen und Logistikanbieter. Shijiazhuang an der Grenze der Jing-Jin-Ji Provinz hingegen entwickelt sich zum überregionalen Logistikhotspot und ist bereits Standort von großen Unternehmen wie GLP und Yupei (Quelle: CBRE Research).

 Transportinfrastruktur

Um die Schienenanbindung innerhalb der Jing-Jin-Ji Region zu verbessern, wurde 2015 die Beijing-Tianjin-Hebei Inter-City Railway Investment Company gegründet, der im Jahr 2016 ein Budget von 33,9 Milliarden Euro zum Ausbau der Schieneninfrastruktur genehmigt wurde. Bis Ende 2020 sollen rund 1.100 Kilometer an Bahnstrecken gebaut werden (Quelle: WKO). Diese sollen in den nächsten 15 Jahren um weitere 3.000 Kilometer erweitert werden (Quelle: GTAI). Durch das auch für Hochgeschwindigkeitszüge geeignete Schienennetz werden die Transportzeiten zwischen einzelnen Städten des Jing-Jin-Ji City Clusters stark verkürzt. So kann die Zugverbindung zwischen Peking und Xiong’an auf eine halbe Stunde reduziert werden, während man Tianjin, Langfang und Shijiazhuang von Xiong’an innerhalb von 45 Minuten erreichen kann (Quelle: CBRE Research). Zusätzlich wurden über 800 Straßen und Schnellstraßen ausgebaut (Quelle: GTAI). Hauptprofiteure von der neuen Verkehrsinfrastruktur sollen Bewohner von Wohnsiedlungen außerhalb Pekings sein, die täglich bis zu sechs Stunden damit verbringen zwischen ihren Wohnorten und Arbeitsplätzen zu pendeln. Ziel soll es sein die täglichen Pendelzeiten auf 1-2 Stunden zu verkürzen (Quelle: NBC News).

Einen weiteren Meilenstein für die Transportinfrastruktur stellt der kürzlich eröffnete Flughafen Daxing südlich von Peking dar. Dieser soll ab dem Jahr 2021 45 Millionen Passagiere jährlich abfertigen und bis zum Jahr 2025 auf 72 Millionen Passagiere erweitert werden. Langfristig erhofft sich die chinesische Regierung Daxing zum größten Flughafendrehkreuz der Welt auszubauen (Quelle: GTAI).

 Umwelt

Die Jing-Jin-Ji Region ist Chinas am stärksten verschmutze Region. Acht von zehn der chinesischen Städte mit den höchsten Luftverunreinigungsgraden liegen in Jing-Jin-Ji (Quelle: China Briefing). Dies liegt daran, dass Hebei die am meisten industrialisierte Provinz Chinas ist und ein Großteil des dort entstehenden industriellen Smogs nach Peking und die umliegenden Städte zieht (Quelle: NBC News).

Laut eines Rahmenplans für die Entwicklung Jing-Jin-Jis, besitzt der Schutz der Umwelt eine der höchsten Prioritäten innerhalb der Städteintegration. Im Rahmen des Plans wurde seit 2014 eine Fläche von mehr als 2 Millionen Hektar in der Region mit Bäumen bepflanzt (Quelle: Xinhua). Diese Initiative hat bereits greifbare Ergebnisse nach sich gezogen. Im Jahr 2018 lag Feinstaubbelastung in 13 Großstädten der Region um fast 50 Prozent niedriger als noch 2013. Der Anteil der Tage mit einer guten Luftqualität in der Jing-Jin-Ji Region lag im vergangenen Jahr bei über 50%, wodurch eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr von 1,2% verzeichnet wurde. In der gesamten Region sank die Feinstaubbelastung von 2017 auf 2018 sogar um 11,8% auf ca. 60 Mikrogramm pro Kubikmeter (Quelle: Xinhua).

In weiteren Schritten sollen allmählich besonders „schmutzige“ Industrien und Fabriken aus der Hebei Provinz verbannt werden, wodurch Platz für effizientere und sauberere Industrien im Bereich High-End Fertigung und im Dienstleistungssektor entstehen soll (Quelle: CBRE Research). Ein Vorteil für die Entwicklung einer sauberen Industrie in Jing-Jin-Ji, werden die vergleichsweise günstigen Bedingungen der Region zur Erzeugung von Sonnen- und Windenergie sein. Hebei verfügt aufgrund seiner geographischen Lage über starke Winde und überdurchschnittlich viele Sonnenstunden (Quelle: NBC News).

Langfristig soll die Hebei Provinz im Zuge der Entwicklung der Jing-Jin-Ji Region zu einer wichtigen ökologischen Schutzzone werden und die Hauptstadt Peking zukünftig von Nationalparks und Wäldern umgeben sein (Quelle: China Briefing).

So unterstützt Melchers ausländische Unternehmen in China

Mit mehr als 155 Jahren Geschäftserfahrung in verschiedenen Sektoren in China wissen wir, dass jedes Unternehmen seinen ganz individuellen Ansatz für den chinesischen Markt benötigt. Chinas Geschäftswelt befindet sich im stetigen Wandel und unterscheidet sich regional sehr stark in Bezug auf Wohlstand, Regulierung, Offenheit für Unternehmen und anderen Einflussfaktoren auf das Unternehmensumfeld. Durch seine Größe und Vielfalt lässt sich China mit kaum einen anderen Land der Erde vergleichen. Für eine erfolgreiche Meisterung der regionalen Unterschiede ist es insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen wichtig, in China einen erfahrenen Partner wie Melchers zu haben. Mit Standorten in den wichtigsten Wirtschaftszentren in Greater China verfügen wir über ein regionales und ganzheitliches Verständnis für den chinesischen Markt und können Ihre Marktstrategie ideal auf einzelne Regionen zuschneiden.

Durch unsere lange und branchenübergreifende Erfahrung im Chinageschäft ist es für uns Selbstverständlichkeit und Selbstanspruch, für jedes Unternehmen eine individualisierte Marktstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Indem wir unsere Kompetenzen aus der langjährigen Zusammenarbeit mit zahlreichen nationalen und internationalen Unternehmen in China nutzen, sind wir in der Lage, umfassende Dienstleistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette anzubieten und Ihr Chinageschäft zum Erfolg zu führen.

 

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