Interview mit „ChinaContact“ über Markteintritt in die chinesische Gesundheitsindustrie
Die Melchers-Gruppe gründete ihre erste asiatische Niederlassung in Hongkong im Jahr 1866 und ist heute in China in den Bereichen Maschinen & Industrie, Luxusgüter und Gesundheit aktiv. ChinaContact sprach mit Mike Hofmann, Managing Director von Melchers China am Standort Beijing.
Mike Hofmann lebt und arbeitet seit mehr als 16 Jahren in China. Er ist Managing Director von Melchers China am Standort Beijing sowie Chairman of the Board of Directors des Joint Ventures KoehlerPharamceuticals Beijing Ltd. Seit 2021 ist Hofmann Mitglied des Vorstandes der deutschen Handelskammer in Beijing und agiert ferner seit 2021 als Mentor von deutschen Start-ups bei German Entrepreneurship Asia im Rahmen des vom BMWK geförderten German Accelerator Programms.
Lohnt sich der Markteintritt in China (noch)?
Hofmann: Auch wenn die Komplexität zugenommen hat und auch weiterhin zunehmen wird, bleibt China ein lukrativer Absatzmarkt für viele Branchen. Speziell in der Gesundheitsindustrie wächst der Markt schneller als das BIP des Landes, getrieben durch Rahmenindikatoren wie etwa steigende Kosten des Gesundheitssystems, Reform- und Entwicklungsprogramme sowie der höheren Lebenserwartung der Bevölkerung. Speziell in der Augenoptik soll das Marktvolumen bis zum Jahr 2027 auf knapp 19,5 Mrd Euro ansteigen. Grund dafür ist unter anderem die Kurzsichtigkeitsrate, die in China stark zulegt. Von klein auf wird der Nachwuchs dazu angehalten, fleißig zu lernen und es wird immer mehr an Bildschirmen gearbeitet. So warnte bereits die chinesische Luftwaffe davor, dass es in der Ausbildung von Piloten zu Problemen kommt, da Anwärter den vorgeschriebenen Sehtest nicht bestehen.
Daher sehen wir in der Volksrepublik im Gesundheitsbereich, aber auch in anderen Branchen, weiterhin ein starkes Marktinteresse, wobei wir im Gesundheitsbereich sogar eine Anpassung des klassischen Exportmodells hin zu lokalen Investitionen beobachten.
Empfehlen Sie für die Niederlassungen bestimmte Provinzen oder Städte?
Das kommt stark auf den Bereich an. Generell befinden sich die Top-Krankenhäuser in größeren Städten mit höherem Einkommen, die auch die interessantesten Absatzmärkte für Medizintechnik darstellen. Doch auch die Hospitäler spezialisieren sich – wir sind beispielsweise auch in der Kardiologie aktiv, wofür sich Beijing als Zentrum etabliert hat. Daneben existieren Zentren der Herzchirurgie auch in Guangzhou, Wuhan und Shanghai. Je nach Produkt empfiehlt es sich daher, zunächst die Lage der entsprechenden Spezialkrankenhäuser in Erfahrung zu bringen.
Wie sieht Ihr Exportmodell aus?
Melchers selbst ist hauptsächlich im Vertrieb von Europa nach China tätig, und traditionell vor Ort auch im Einkauf aktiv. Als Marktexpansionspartner arbeiten wir im Gesundheitsbereich vor allem mit Mittelständlern und Familienunternehmen zusammen, die eine chinesische Niederlassung gründen oder ihr bestehendes Geschäft ausweiten wollen. Diese Partner liefern in der Regel direkt nach China und bedienen vornehmlich den lokalen Markt.
Können Sie Ihr Partnermodell genauer beschreiben?
Wir bieten Unternehmen maßgeschneiderte und markenorientierte operative Lösungen, die vom Vertrieb über Corporate Services bis hin zur Corporate Governance und Unternehmensbeteiligungen reichen. In der Vergangenheit war das klassische Joint Venture in vielen Branchen vom Gesetzgeber vorgeschrieben, besonders in Bezug auf Technologie und auch in der Gesundheitsindustrie. Mit dem Wandel der chinesischen Wirtschaft fiel der Joint-Venture-Zwang in vielen Bereichen weg. Allerdings beobachten wir einen Trend in den letzten Jahren, der in Richtung freiwilliger Zusammenschlüsse und Beteiligungen geht. Hier stehen wir Unternehmen bei so genannten „Three Party Joint Ventures“ (3-JV) als dritter Partner zur Seite.
Solch eine Form der Marktbearbeitung und Partnerschaft ist nicht nur ein Derisking-Thema, sondern addressiert auch die Ressourcenanforderungen im China-Geschäft, die viele Familienunternehmen nicht ohne weiteres aufbringen können. Hier kommt Melchers ins Spiel, mit über 150 Jahren Erfahrung im China-Geschäft. Wir unterstützen die Unternehmen bei Fragen zum Back Office, Corporate Governance, Buchhaltung sowie Human Resources. Zudem bieten wir auch Managementvertretungen im Vorstand an, für die es im Reich der Mitte spezielle Anforderungen gibt. So können sich unsere Partner auf den Vertrieb konzentrieren und die komplexeren Fragen des Managements uns überlassen.
Melchers China bietet diese Dienstleistungen auch alleinstehend an, doch werden Sie immer häufiger von Mittelständlern im Modell des 3-JV nachgefragt.
Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen?
Während der Pandemie haben viele Unternehmen, unsere Kunden eingeschlossen, ihre China-Strategie überdacht. Hinzu kommt die zunehmende Komplexität der Lieferketten und geopolitische Spannungen. Dies führt aber auch dazu, dass sich Firmen, die bisher noch keinen Standort vor Ort haben, die Volksrepublik nun nach der Öffnung unter dem Gesichtspunkt des Lokalisierungsdrucks in der Gesundheitsbranche genauer anschauen und auf diesem Weg auf uns zukommen.
Gleichzeitig fördert Beijing mit Programmen vor allem lokale Player, was für einen immer härteren Wettbewerb sorgt. In vielen Bereichen ist die chinesische Konkurrenz sehr innovativ, gerade was die Digitalisierung betrifft. Auch geht die Tendenz immer mehr zu buylocal, besonders im Gesundheitsbereich. Hier wird teils recht offensiv mit bestimmten Kaufquoten für lokale Produkte in den Markt eingegriffen. In der Zukunft werden sich immer mehr ausländische Unternehmen fragen müssen, wie sie mit diesen Anforderungen umgehen und ob eventuell eine Produktionskette vor Ort aufgebaut werden muss. Wir gehen davon aus, dass in der Gesundheits- und Medizintechnik der Druck durch diese Tendenz innerhalb der nächsten 5 bis 10 Jahre stark steigen wird.
Nicht zuletzt sorgte die Pandemie dafür, Abhängigkeiten vom Ausland zu überdenken und wenn möglich zu reduzieren. Die gleichen Diskussionen, wie wir sie aus Deutschland kennen, gibt es in China auch. Ein aktuell prominentes Beispiel wären die chinesischen Chip-Importe aus den USA oder die Abhängigkeit von Exportmärkten in Europa.
Ein weiterer Punkt sind die verschärften Rahmenbedingungen gerade im Gesundheitsbereich. In der Vergangenheit führte viel Korruption zu stark überhöhten Preisen, dem die Regierung mit einem künstlichen Preisdruck entgegenwirkte. Durch zentrale volumenbasierte Beschaffungsprogramme sollen die Kosten des Gesundheitssystems gesenkt werden, wodurch aufgrund des Preisdrucks und anderer Anforderungen Mittelsmänner und Zwischenhändler aus der Vertriebskette gedrängt werden. Allerdings entsteht durch die Programme auch ein zunehmender Preisdruck für alle Marktteilnehmer.
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist es offensichtlich, dass der chinesische Markt sehr komplex ist, sich schnell wandelt und die eigene China-Strategie stets überdacht und angepasst werden muss. Aus Deutschland heraus wird diese Wandelbarkeit oft unterschätzt. Deshalb ist Feedback von Vertretern oder Partnern vor Ort und Wissen um lokale Ereignisse und Trends unabdingbar für ein erfolgreiches China-Geschäft.
Können Anbieter noch mit „Made in Germany“ punkten?
Vor 10 oder noch 5 Jahren verkauften sich Produkte „Made in Germany“ noch sehr stark von selbst, diese Zeiten sind aber mittlerweile vorbei. Chinesische Firmen schließen technologisch immer mehr auf, daher erübrigt sich das Alleinstellungsmerkmal deutscher Produkte in vielen Bereichen. Zwar kann sowohl bei Privatkunden als auch im B2B-Bereich noch von der Assoziation mit deutscher Ingenieurskunst und Premiumqualität profitiert werden. Grundsätzlich sehen wir aber eine stärkere Kaufpräferenz für chinesische Produkte, die durch ihre Marktnähe zum Konsumenten punkten.
Deutsche Unternehmen müssen sich heutzutage mehr anstrengen. Das Produkt selbst muss innovativer und wettbewerbsfähiger sein als die Konkurrenz. Daneben gibt es akzeptierte Zwischenwege. Man denke an „Designed by Apple in California. Assembled in China“. Nach diesem Vorbild können Mittelständler zwar lokal produzieren, aber eben mit deutschen Standards, Qualität und Know-how.
Gilt das auch für den HealthCare-Bereich und die Augenoptik?
Grundsätzlich ist die Gesundheitsbranche kein Massenmarkt. Es gibt weniger Hersteller von Medizintechnik, die sich zudem für bestimmte Bereiche spezialisieren, so auch die Ausrüster für Augenoptik. Aber auch hier gilt, sich nicht auf „Made in Germany“ als Alleinstellungsmerkmal auszuruhen. Dazu kommt, dass viele Produzenten ohnehin eine global aufgestellte Zulieferkette haben und Vorprodukte aus anderen Ländern beziehen.
Das Interview wurde von Lisa Wick geführt und erschien im Wirtschaftsmagazin „ChinaContact“ 07-2023 unter dem Originaltitel „Durchblick im Reich der Mitte“. Dies ist ein Nachdruck.
So unterstützt Melchers ausländische Unternehmen in China
Mit mehr als 150 Jahren Geschäftserfahrung in verschiedenen Branchen in China wissen wir, dass jedes Unternehmen seinen einzigartigen Ansatz für den chinesischen Markt braucht. Chinas Geschäftswelt verändert sich ständig und variiert von Region zu Region in Bezug auf Wohlstand, Regulierung, Offenheit gegenüber Unternehmen und andere Faktoren, die das Geschäftsumfeld beeinflussen. Aufgrund seiner Größe und Vielfalt ist China kaum mit jedem anderen Land der Welt zu vergleichen. Dies gilt auch für den Gesundheitssektor. Unsere langjährige Erfahrung und Kenntnis der Wertschöpfungskette der chinesischen Gesundheitsindustrie durch Sales, Management, Compliance-Aktivitäten und Corporate Services, ermöglicht es uns zugeschnittene und markenorientierte Konzepte für unsere Partner zu entwickeln. Wir helfen Ihnen den chinesischen Gesundheitsmarkt zu verstehen, Skalierungen zu quantifizieren und die Wettbewerbssituation richtig einzuordnen und identifizieren kurz-, mittel- und langfristige Chancen für Marktwachstum.
Wenn gewünscht beteiligen wir uns, durch den Kauf von Anteilen, an der China-Sparte unserer Partner, um uns auf eine langfristige Zusammenarbeit zu fokussieren.
Kontaktieren Sie uns noch heute via [email protected], um zu erfahren, wie wir auch Ihr Unternehmen beim Markteintritt in China unterstützen können. Für mehr Informationen schauen Sie gern auf unserer Website vorbei Gesundheit • Melchers China (melchers-china.com).